Schönheitspflege, Liebeskunst, Erotik des Alters

Das Bild, das ich mir gerade von der OVID’schen Dichtkunst mache, kommt mir vor wie ein Puzzle. Heute habe ich wieder so ein Stück gefunden, das wohl dazu gehört – aber wo es ins Gesamtbild einfügen?

Die Schönheitspflege als Kult und Kultivierung,  Frisur, Schmuck, Hautpflege und Make-Up sind Themen, die wohl auf immer weibliche Anteile bezeichnen; die Befreiung der (adligen) Frau von harter Feldarbeit und häuslicher Spinnerei in der Vorzeit hattes sie populär gemacht.

Medicamina Faciei Femineae

Wenn nun auch Kleidung und Mode zur Schönheitspfelge zählen – womit wohl macht Frau den ersten, alles bestimmenden Eindruck? – wirkt das antike Lehrgedicht gar nicht unmodern.

Um einmal einen Abschnitt aus der alten englischen Übersetzung zu zitieren:

“Your first preoccupation, my dears, should be your manners. When a woman’s manners are good, she never fails to attract. Manners indeed are more than half the battle. Time will lay waste your beauty, and your pretty face will be lined with wrinkles. The day will come when you will be sorry you looked at yourself in the mirror, and regret for your vanished beauty will bring you still more wrinkles. But a good disposition is a virtue in itself, and it is lasting; the burden of the years cannot depress it, and love that is founded on it endures to the end.”

Das ist ja noch verständlich. “Schönheit kommt von Innen”. Und:

“tempus erit…”

Das ist schon merkwürdig, und dass der Hinweis aufs kommende Alter irritiert, hängt wohl mit unserem Unwillen zu weiser Voraussicht zusammen:

Tempus erit, quo tu, quae nunc excludis amantes, frigida deserta nocte iacebis anus nec tua frangetur nocturna ianua rixa, sparsa nec invenies limina mane rosa.

Die Zeit wird kommen, dass du, die nun Liebende ausschließt, einsam und öde als ungeliebte Frau die Nacht verbringst, deine Tür nicht mehr in nächtlichem Streit aufgebrochen wird, und auch das ist dann vorbei: Dass die Türschwelle in der Früh geschmückt ist, mit einer Rose.

Ich finde ja, dass das eine scheußliche Übersetzung ist. Wir sehen: Es ist eine Katastrophe, was dieser Dichter in einen einzeigen Satz packt. Und sollten wir nicht auch an die jungen Frauen, die ihre Nächte unsinnig allein verbringen, denken?

Was ist mit all den Junggesellen, und der “Together alone tonight”-Situation?

In der “Liebeskunst“  gibt es noch mehr Material zu Alter, Liebe, Vergänglichkeit. In unserer Kultur sind das ungeliebte Themen:

Im folgenden ein konventionelles Inhaltsverzeichnis zur Liebeskunst. Da ist vom Thema “Alter” keine Spur, obwohl es einen hohen Stellenwert einnimmt.

Das zu würdigen, würde aber unser Verständnis von “Erotik” irritieren.

Michael von Albrecht (Hrsg.)
Reclam Stuttgart
EAN: 9783150503577 (ISBN: 3-15-050357-4)
294 Seiten, hardcover, 10 x 15cm, März, 1996

 

Inhaltsverzeichnis zur Liebeskunst

Ars amatoria – Liebeskunst

Liber primus – Erstes Buch
Anweisungen für Männer

Einleitung

Wo sind Mädchen zu finden?
-Verschiedene Treffpunkte in Rom
-Das Theater (Der Raub der Sabinerinnen)
-Zirkus und Arena
-Gespielte Seeschlacht und Triumphzug
-Das Gastmahl
-Treffpunkte außerhalb Roms

Wie erobert man Mädchen?
-Selbstvertrauen (Pasiphae und der Stier)
-Vom Umgang mit der Dienerin
-Die Wahl des Zeitpunkts
-Geschenke und Liebesbriefe
-Sonstige Annäherungsversuche
-Männliche Schönheitspflege
-Bacchus und Ariadne
-Das Gastmahl
-Überredung und Schmeichelei
-Versprechungen, Betrug, falsche Tränen
-Küsse, Gewalt, männliche Initiative (Achill und Deidamia)
-Gespielte Zurückhaltung
-Das Aussehen des Liebenden
-Warnung vor Freunden
-Der Liebende als Verwandlungskünstler

Überleitung

Liber secundus – Zweites Buch
Anweisungen für Männer

Einleitung (Daedalus und Icarus)

Wie bekommt die Liebe Dauer?
-Bildung statt Magie (Odysseus und Calypso)
- Nachgiebiges Verhalten des Liebhabers
-Liebe – ein Kriegsdienst
-Geschenke
-Anerkennung und Lob
-Krankheit des Mädchens
-Nutzen und Gefahren der Trennung
-Rivalität und Disketion
-Anregungsmittel
-Eifersucht, das Salz der Liebe
-Liebe als Naturmacht und Arznei
-Selbsterkenntnis
-Leiden der Liebe
-Schädlichkeit der Eifersucht (Mars und Venus)
-Verschwiegenheit
-Fehler als Vorzüge (Lob der reifen Frauen)
-Das Liebesspiel

Schlußwort

Überleitung

Liber tertius – Drittes Buch
Anweisungen für Frauen

Einleitung (Freut euch des Lebens!)

Hauptteil
-Lob der Zivilisation
-Haartracht
-Kleidung
-Körperpflege
-Diskretion bei der Schönheitspflege
-Das Verhalten beim Frisieren
-Der Ausgleich der körperlichen Mängel
-Anmut ist erlernbar
-Musik, Literatur, Tanz
-Gesellschaftsspiele
-Treffpunkte
-Schöne Männer und Schwindler
-Liebesbriefe
-Die Beherrschung des Mienenspiels, heiteres Wesen
-Beruf und Rolle der Liebhaber
-Mach dich rar!
-Rivalität als Anreiz
-Überliste die Bewacher
-Warnung vor Freundinnen
-Spiele die Verliebte
-Verhängnisvolle Leichtgläubigkeit (Cephalus und Procris)
-Tischmanieren
-Liebesstellungen

Epilog

Wer noch ein wenig “weiterforschen” möchte, kann mal das probieren:

http://geschichtsverein-koengen.de/RoemSprichwort.htm

Viel Spass und Erleuchtung

wünscht Euch

LEILAH

 

Nachtrag:

In diesem Zusammenhang vielleicht auch interessant:

 

Die Schönheitspflege des Mannes

Da geht es doch ziemlich schlicht zu:


Das vernachlässigte Aussehen gehört sich für Männer.
Theseus, von keiner Nadel an den Schläfen zurechtgemacht , raubte Ariadne.
Phaedra liebte Hippolytus und der war nicht sehr gepflegt.
Der Geliebte einer Göttin Göttin war Adonis, der passend für die Wälder war.

Und die Schur soll die abstehenden Haare nicht arg verunstalten.
Das Haar und der Bart sollen von geübter Hand geschnitten sein.
Und die Nägel sollen nicht hervorstehen und ohne Schmutz sollen sie sein.
Und im hohlen Nasenloch soll dir kein (einzelnes) Haar hervorstehen.

Zum Einen haben wir hier die mythischen “Helden”, die der Schriftsteller mal als bekannt voraussetzen kann, der Verweis auf sie ersetzt also halbe Bücher, zum Anderen schlichte Anweisungen zu Haarschnitt und elementarer Körperpflege.

Da sieht Frau mal, was für unterschiedliche Typen "Mann" es in der Vergangenheit gegeben hat; daran hat sich bis heute nichts geändert.

1.) Theseus besiegt den Centauren von Antonio Canova – Wien, Kunsthistorisches Museum

2.) Adonis


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