§ 175

Die regulierte Sexualität, ich meine die staatlich regulierte Sexualität, mag ja vor 20 Jahren ein wenig weniger geworden sein; mit dem Fall de § 175, der Homosexualität noch unter Strafe gestellt hatte – aber war der eigentlich strikt angewandt worden, war die “Liberalität” nicht stillschweigend schon längst da?

Ich brauch’ keine Paragraphen für meine Sexualität. Schlimmer als Verbote ist die Presse:

“Die Liebe zum eigenen Geschlecht bleibt rätselhaft” diktiert die, und

…  schon die die ersten Sexualforscher [stellten] um 1900 die Frage nach „angeboren oder anerzogen“. Während der Mediziner und Schwulen-Aktivist Magnus Hirschfeld Homosexualität als angeborene unterschiedlich starke Ausprägung männlicher und weiblicher Eigenschaften betrachtete, nahm Sigmund Freud Kindheitserfahrungen als Auslöser der sexuellen Prägung an. Geboren würden alle Menschen als bisexuelle Wesen, sagte er.

Im Kern lagen doch Hirschfeld und Freud gar nicht weit auseinander, im Kern sind doch beide darauf gekommen, dass Männlein und Weiblein “gewisse” bisexuelle Tendenzen verspüren können.

Freud hat sich deswegen noch verrückt gemacht, ist in Ohnmacht gefallen, als er entdecken musste, dass er Kollegen anziehend fand – und diese Zuneigung nicht als etwas positives wahrnehmen konnte. Aber er soll ja seine Sexualität insgesamt recht bals überwunden haben, sagen manche. Warum er sich dabei aber zeitlebens an seinem Zigarren-Phallus festgehalten hat, erklären die auch nciht.

Frauen untereinander haben das Problem, Zärtlichkeiten untereinander als “unmännlich” zu erleben, ja gerade nicht. Warum heißen Busenfreundinnen wie sie heißen?

Deswegen muss ich meine Zuneigung zum eigenen Geschlecht längst nicht sexualisieren – und bin gleichzeitig recht froh, dass ich keine Männer-Phobie entwickelt habe. Ich kann für eine Freundin zärtliche Gefühle empfinden und auf den sinnlichen Akt verzichten, wenn ich spüre, dass sie nicht so weit ist. Den puren Homos – beiderlei Geschlechts – ist das andere Geschlecht zu kompliziert: Das ist ein böser Spruch, der sich nicht widerlegen lässt.

Stammt von einem Theoretiker, der immer, genauer: lange alles rationalisieren musste.  Insofern ist die Praxis der Bisexualität (und auch so mancher “Neosexualität”) recht unterentwickelt – aus Angst vor Leidenschaft?

 

 

 

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