Liebe Freundinnen,
so richtig fortschrittlich, kritisch, links sein: Das ist ja mit den Frauenbuchläden, Frauencafés, Frauendiskursen etwas eingeschlafen. Ich habe mich in Rosa nie wohlgefühlt, und auch nicht in violett. Rot – das war meist so ein Radieschen-Rot, und im Anarchismus habe ich mich auch nie wohlgefühlt – da gab es kein Heimatgefühl. So viel zu meinen Jugendsünden. Heute komme ich ohne das aus. Früher hatte ich mal die Deutsche Volkszeitung abonniert, die waren streng auf DKP-Linie, und ich machte mir einen heimlichen Spaß aus meinen Versuchen, deren Argumentation vorauszusehen. Das Neue Deutschland wurde häufig zitiert, argumentiert heute noch wie damals, auch häufig. Das ist mein Gefühl, keine Tatsachenbehauptung. Es ist schon unangenehm: Nur wegen so ein paar Stichworten hab’ ich gleich das Gefühl: “F…. hört mit.” Weil ich jetzt doch noch eine Anarchistin zitieren muss, wegen Emanzipation:
Die Emanzipation selbst war schon vor der Emanze ein Begriff der Frauenbewegung, deren Ziel Gleichberechtigung ohne politischen Umsturz lange in der Kritik. So schrieb die Anarchistin Emma Goldmann zur Jahrhundertwende: »Es ist heute für die Frau notwendig geworden, sich von der Emanzipation zu emanzipieren, will sie wirklich frei sein.«
So etwas finden wir im Neuen Deutschland – soll wohl Vergangenheitsbewältigung/ Aufarbeitung “jüngere Geschichte der BRD” sein, also keine Entnazifizierung, auch keine Läuterung der politischen Elite (eh ein fragwürdiger Begriff, die Bauern haben immer nur gesagt “Fett schwimmt oben”) – aber irgendwie scheint die APO es denen angetan zu haben.
Emma Goldmann – seitenweise habe ich Zitate von ihr gelesen – imponiert mir.
“Lass doch den frivolen Quatsch, diese erotischen Spinnereien, befreie dich von der fixen Idee der weiblichen Dominanz”
- ist mir nur gerade eingefallen, bei “Emazipation von der Emanzipation”, aber das waren meine Gedanken, und ich weiß ja nicht, was Emma heute sagen würde. Ist aber auch nicht so wichtig. Spielen wird Frau ja noch dürfen, und ihre Umwelt beobachten, schildern, und schreiben. Oder?
Packen wir noch eines drauf:
Die Borniertheit der heutigen Auslegung der Unabhängigkeit und Emanzipation der Frau; die Angst vor der Liebe zu einem Mann, der ihr gesellschaftlich unterlegen ist; die Furcht davor, dass ihre Liebe sie ihrer Freiheit und Unabhängigkeit beraubt; der Horror davor, daß sie durch Liebe oder Muttersein daran gehindert wird, ihren Beruf richtig auszuüben – all dies trägt dazu bei, daß die emanzipierte Frau von heute zu einer zwangsmäßigen Jungfrau wird, an der das Leben mit seinen großen Höhen und Tiefen vorübergeht, ohne ihr Innerstes zu berühren oder gar zu packen.
Was ich auch noch gelesen habe: “Barbara Graham’s memoir about her experience of being molested by her camp counselor and its aftermath“. Ein ganzes Buch zu dem Thema…