Liebe Freundin,
sprechen wir mal von der Situation der Geliebten im „klassischen Sinn“. Die hat ein Verhältnis mit ihrem Liebhaber, und ein Verhältnis mit ihrem Macker.
Der Macker hat ein indirektes Verhältnis mit dem Liebhaber, und umgekehrt, nur dass der Macker von dem Liebhaber nichts wissen sollte. Es gibt ja auch diese „toleranten“ Typen, die „offene Ehe“, nur: Das macht die Sache eigentlich reizlos. Der Macker, der die Frau „freigibt“, wertet sie ja gewissermaßen ab, begehrt sie nicht so, wie wir Frauen uns das doch wünschen – zwar wollen wir unsere Freiheit, aber ein Macker, der seine Frau nicht begehrt und nicht exklusiv besitzen will, ist ein Dackel.
Nicht, dass Du jetzt denkst, ich will hier von Dreiecksbeziehungen, oder, noch blöder, ödipalen Beziehungen sprechen: Ich mache keine Therapie und finde dieses Psycholo-Gelaber auch absolut unerträglich. Der „ödipale Aspekt“ an der Nebenbeziehung wäre ja wohl, der eigenen Mutter – oder der Schwiegermutter – zu beweisen, dass ich besser bin als sie; da muss ich doch mal husten.
Ich bin auf das Thema ganz zufällig gestoßen, beim Staubwischen: Dabei hab ich ein paar Bücher in die Hand genommen, und so einen alten Schinken mit Leineneinband einfach mal irgendwo aufgeschlagen, und auf dieser Zufallsseite hab’ ich einen ganz netten Satz gefunden:
Also, dem Liebhaber gegenüber gilt: „Was erreichbar ist, ist nicht willkommen, was unerreichbar ist, entflammt heftiger“.
Schön, hab’ ich gedacht, dann nehm’ ich das mal als Anlass für eine kleine Schreibübung – Gucknet braucht eh Futter:
Für die Frau heißt das (also der Satz, der oben fett gedruckt ist, sinngemäß wohl das altbekannte „Was verboten ist, macht uns gerade scharf“: Sie muss beim Liebhaber für das richtige Verhältnis von Furcht und Hoffnung sorgen, ihn immer mal wieder zurückweisen, ihm zeigen, dass er ihr gar nicht so viel bedeutet, allerdings darf sie es dabei nicht übertreiben: Am besten, er hat das Gefühl, sie überhaupt nicht durchschauen zu können: Das kann Frau mit taktischen Enttäuschungen erreichen, wie zufällig eingesetzt, mit kleinen Verletzungen und Kränkungen, die, wenn er sie „annimmt“, seine Bindung sehr schön stabilisieren können. Ein Rendezvous wegen erfundenem Kopfweh abzusagen, ist hier der Klassiker, zu sagen, Frau sei für ein Treffen noch nicht bereit, oder sie traue sich (noch) nicht, ebenfalls.
Frau kann den Bewerber auch sehr schön auf die Folter spannen, wenn sie ihm ein anderes Verhältnis, das sie eingegangen war (es kann sich auch gerne um eine frei erfundene Begebenheit handeln), „beichtet“, muss dann wieder die Kurve kriegen und sich zugänglicher geben – da reichen je nach persönlichem Geschmack schon ein paar süße Worte, Küsse oder Umarmungen.
Vielleicht klingt es paradox, wenn ich als Sexpertin Dir empfehle, keinen genitalen Sex mit dem Liebhaber zu haben: Für eine längerfristige Bindung ist es aber besser, wenn er diese Schwelle nicht überschreitet. Nach dieser sogenannten sexuellen Revolution klingt es vielleicht merkwürdig, ist aber eigentlich erst recht revolutionär, auf diese gar nicht so üble Option hinzuweisen: Dauerhafte Liebe und tiefe, gereifte Gefühle.
Versteh’ mich nicht falsch, liebe Freundin: Ich will Dir gar nicht den Spaß an einem spontanen Fick nehmen, aber denk’ mal über diesen Satz nach:
„Liebe, gesättigt und allzu bereit, wandelt sich uns
In Überdruß und schadet wie eine süße Speise dem Magen.“
Liebe ohne Begehren ist wie eine Suppe ohne Salz, deshalb steht die Frau ihrem Prinzen oder Gott auch nicht bedingungslos zur Verfügung. Du brauchst nur mal an das Märchen von Rapunzel zu denken; das kannst Du, wenn Du willst, noch mit der Sage von Danae vergleichen: Eine gewisse Zurückhaltung steigert Deinen Wert doch ganz beträchtlich, und Du wirst ja kaum wollen, dass er Dich als so verfügbar wie das Wasser aus dem Wasserhahn betrachtet: Was leicht verfügbar ist, bereitet keinen Genuss. Der besteht doch schon eher darin, den Liebenden – um ihn mal nicht so furchtbar konventionell als „Liebhaber“ zu bezeichnen – spielerisch zu … (zensiert)